von Mina(YCH) am 04. April 2001 00:31
Hallo Angela,
ich persönlich unterscheide zwischen Ausbildung und Erziehung. Wo genau die Grenzen liegen, kann ich dir nicht hunderprozentig sagen. Ausbildung sind für mich die Bereiche, in denen ich dem Hund etwas beibringen, das unser Zusammenleben einfacher, schöner, freundlicher, spielfreudiger macht. Erziehung hingegen sind lebensnotwendige Kleinigkeiten, die ein Zusammenleben erst möglich machen. Bei der Erziehung braucht der Hund ein klares und deutliches, jedoch nicht unbedingt unfreundliches NEIN. Das bezieht sich auf Stubenreinheit, Teppiche anknabbern, Kabel durchbeißen, Hunde anmachen, Futternapf verteidigen, Kinderspielsachen klauen, Löcher buddeln ... diese Liste lässt sich beliebig erweitern. Sie wird aber so kurz wie möglich gehalten, der Einsatz der positiven Verstärkung immer wieder abgewägt. Als der Welpe Seven bei uns einzog, träumte ich davon, ganz konsequent zu ignorieren, abzulenken und positiv zu verstärken. Doch das ist praktisch nicht durchführbar, denn niemand kann 16 Stunden am Tag nur den Welpen beobachten und für jeden neuen Streich die ausreichenden Nerven haben. So entstand mein Erziehungs-Ausbildungsgerüst. Das Hochspringen an Personen funktioniert im geschulten Familienkreis mit Ignorieren und positiver Verstärkung sehr gut, doch wenn dann drei Nachbarskinder mit ins Spiel kommen, muss ein NEIN eingesetzt werden. Denn drei sechs- bis achtjährige Kinder können nicht im Schnellverfahren das Ignorieren lernen, während der Welpe nur noch die Nase des Kindes als Ziel hat. Auch Ablenkung funktioniert nur bedingt, denn drei Kinder haben eine magische Anziehungskraft auf einen verspielten Welpen.
Bei der Konditionierung deines Hundes bist du vermutlich einfach einen Schritt zu weit gegangen, dein Hund war noch nicht auf diesem Verstehensgrad. Er nimmt gerne das Lecker nach den Click, doch er tut nichts dafür. Dann musst du ihm das lernen, in kleinen Schritten. Ein Beispiel: der Touch. Das mit der Dose hat ja nicht geklappt, doch wenn dein Hund gerne Lecker aus der Hand nimmt, kannst du dir das zunutze machen. Nimm ein durchsichtiges Target (ein Stück Plastik, durchsichtig). Halte dieses Stück in deiner Hand und lege zwischen Plastik und Hand ein Leckerchen, das du dem Hund zeigst. Wenn nun der Hund mit der Nase das Plastik berührt (um an das Lecker zu kommen), clickst du und gibst ihm ein Lecker, das du in der anderen Hand versteckt hältst oder in der Tasche hast. Dann hältst du ihm wieder das Stück Plastik hin, wartest auf den Touch.
Denke bitte daran, nicht jeder Hund ist ein Clicker-Naturtalent. Das hängt zusammen mit Alter, Gemüt und bisherigen Ausbildungs-/Erziehungserfahrungen. Gerade bei diesen Hunden sind dein motiviertes Verhalten, Timing und kurze, erfolgreiche Trainingssequenzen wichtig. Konzentriere dich dabei nicht zu sehr auf deine gesteckten Ziele, vergiss deine Erwartungen, gehe nie zu schnell zu weit.
Mina