: natürlich auch dem Vorsatz dieses zu tun und dem anschliessenden
: schlechten Gewissen, Verbotenes getan zu haben?
Hi Thomas,
ich darf Deine Fragen als rhetorisch betrachten, denn ich kann mir wohl vorstellen, daß Du Mosts Abrichtelehre genau kennst. Oder hast Du die Absicht, mich zu examinieren? Nun, ich habe Most nicht erwähnt, um meine Belesenheit hervorzuheben, sondern weil mit im Zusammenhang mit Mosts "Abrichtelehre" sogleich der Untertitel "Individuell und ohne Strafen" einfiel.
Wie auch immer, Most gehört bei allen Vorbehalten gegen manche seiner Methoden (wobei ich den Verdacht hege, daß wir den Hund - entgegen den Ansichten Mosts wiederum auf "moderne Weise" vermenschlichen und ihm die Konsequenz = Härte nicht mehr entgegenbringen, die wir auch gegenüber unseren zweibeinigen Mit-Tieren vermissen lassen) das Verdienst, die unangemessenen Perspektiven gegenüber dem hundlichen Lernen und der hundlichen Lernfähigkeit aufgedeckt und zurechtgerückt zu haben. Daher beginnt ja sein Buch mit dem prägnanten Satz: "Von klein auf lernen wir viel Falsches über das Seelenleben der Tiere." Dieses Falsche ist insbesondere, Tieren die Fähigkeit zu sittlichem Handeln, zu moralischer Einsicht zuzuschreiben, so daß der Hund sozusagen aus ehernem Pflichtgefühl seiner Ausbildung zustimmt und die Befehle ("Um nicht in vermenschlichende Auffassung zu verfallen, spricht man zweckmäßig nicht von Befehlen, sondern von Zurufen, Lauten oder Hörzeichen."
seines Herrn befolgen möge. Most: "Dieses Hineinzerren des Hundes in eine ihm ewig verschlossene Welt verhindert, daß der Mensch die unüberbrückbare Kluft erkennt, elche im Geistigen zwischen Mensch und Hund besteht."
Die Mostsche Abrichtelehre soll ja gerade nicht auf dem Mechanismus von Strafe und "Einsicht" in die Notwendigkeit der Strafe beruhen. Most weist immerhin prägnant auf den Umstand hin, daß der Hund keine Einsicht in Gut und Böse seines Tuns habe und das "schlechte Gewissen", das ihm zugeschrieben werde, lediglich körperlicher Ausdruck in Erwartung einer Züchtigung sei (und diese Erwartung durch Schimpfen, Haltung, Auftreten seines Herrn begründet). Gleichwohl arbeitet Most mit Meide-Reizen ("Der Hund soll nur das tun, was uns angenehm oder nützlich ist, und alles unterlassen, was uns unangenehm oder schädlich ist. ... Unter bestimmten Umständen wird also Unangenehmes ausgeführt, um Unangenehmerem zu entgehen. Dieses Unangenehmere kann so stark werden, daß etwas an sich Unangenehmes unter einem Zwang in Angenehmes verwandelt wird."
, die aber eben mit Strafe als begründbarer Maßnahme infolge falschen, zweckwidrigen oder unerwünschten Tuns nichts zu schaffen haben. Mein Hinweis, auf den Du Dich beziehst, zielt eben auf diesen Unterschied ab. Meide-Reize setzen Hunde bei der Errichtung hundlicher Hierarchien auch selbst, Straf-Reize kennen sie nicht. Insofern halte ich diese sprachliche Unterscheidung auch für eine erforderliche begriffliche Differenzierung, dies um so mehr, als Mosts Abrichtelehre zuerst im Jahre 1910 erschien.
Gruß, Attila