von Alex & Aris(YCH) am 25. November 2002 12:37
Hallo Tanja,
:: Nehmen wir mal z.B. das Herankommen. Man lernt einem Hund das Herankommen z.B. an der Schleppleine und mit pos. Mot., sprich er bekommt jedes Mal ein Leckerchen fürs Heranrufen/kommen. So weit so gut, der Hund wird sicher jedes Mal kommen, weil es gibt ja ein Leckerchen. Jetzt begegnet man einer läufigen Hündin (nur ein Beispiel), ruft den Hund. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist ihm doch die läufige Hündin wichtiger als das Leckerchen.
Was nun? ::
Reinhold hat gestern sehr schön erklärt, dass es bei einer Ausbildung mittels "Positiver Motivation" (im betreffenden Fall ging es um Clickertraining) nicht darum gehen kann, dass die Belohnung immer und für alle Zeiten wichtiger sein kann, wie der Reiz der Ablenkung.
Für mich liegt hier im Übrigen einer der wesentlichen Vorteile in der Verwendung eines "Sekundär-Bestärkers" (z.B. des Clickers).
Anfangs, wenn eine Übung neu aufgebaut wird, hat die Wertigkeit der Belohnung noch eine viel größere Bedeutung. Später, wenn bereits variabel bestärkt wird (also schon gar nicht mehr JEDE Ausführung, sondern vielleicht nur mehr jede 2., 11., 4. usw.) ist die Qualität nicht mehr so wichtig.
Es wurde dann ja bereits ein Verhalten erlernt. Das heisst für mich auch, dass es zum Teil bereits reflexartig ausgeführt wird. Es heisst für mich auch, dass eine Kommunikationsebene entstanden ist, die sich gefestigt hat. Das hat was mit Vertrauen, Verlässlichkeit, Zusammenarbeit zu tun.
Du beschreibst eigentlich die Entscheidung im Falle eines "Bestechungsangebots". Dazu muss ich dem Hund nix lernen. Ich warte bis eine läufige Hündin auftaucht, ziehe dann das Lendensteak aus der Tasche und hoffe, dass ihm dieses wichtiger ist. So ähnlich meintest du das doch, oder??? Und insofern hast du recht, wenn Ausbildung so funktionieren soll, dann ist sie immer dann zum Scheitern verurteilt, wenn die Abwägung des Hundes nicht in unserem Sinne ausfällt.
Aber wäre das nicht bei Ausbildung mittels aversiver Reize ähnlich?
Ich meine in Situationen größter Ablenkung, wird ein Hund z.B. sogar Schmerzen in Kauf nehmen, um sein Appetenzziel zu erreichen. Sonst würde jeder Jagdausflug doch beim ersten Ast, der Hund/Wolf ins Gesicht klatscht, wenn er durchs Unterholz streift beendet werden (und Wolf würde dann verhungern). Die Schmerzunempfindlichkeit ist ja auch eine der Funktionen der "Stress-Maschinerie".
Die beste Belohnung im Übungsaufbau ist für mich insgesamt auch eine unvorhersehbare. Deswegen variiere ich diese auch, so gut ich kann. Warum nicht "gemeinsam zur läufigen Hündin laufen". Und dann.........*uuuppps* das war bitte nicht ernst gemeint. Aber eventuell beschnüffeln dürfen (an der Leine).
Ein anderer Aspekt:
Bei wilden Zerrspielen mit Futterbeutel zwischen Ronni und mir fliegt dieser immer mal wieder ein paar Meter weg. Früher flitzte Ronni wie ein Wirbelwind hinterher um die Beute stolz wieder zu mir zu bringen. Heute, verharrt er, manchmal wirft er sich von selbst ins Platz und wartet gaaaaanz gespannt auf mein Startsignal. Was gibt es dabei für ihn zu gewinnen? Welche Motivation hat er zu warten? Er erreicht den Futterbeutel auch, wenn er gleich losläuft. Ich strafe ihn nicht, wenn er das tut.
Aber das Spiel ist nicht mehr so spannend, es fehlt die kooperative Komponente.
Auf dieser Schiene möchte ich mit ihm (nicht gegen ihn) weiter an seinen jagdlichen Ambitionen arbeiten. Ob wir es ganz schaffen??? Ich weiss es nicht. Ich weiss nur, dass uns beiden gemeinsam KEIN anderer Weg möglich ist.
Viele Grüsse
Alex & Aris