Liebe Roswitha,
wie es scheint, habe ich in dem Versuch, mich kurz zu fassen, mich ziemlich unklar ausgedrückt. Mit Souveränität
meine ich folgendes: Wollte anfangs die Große die Kleine zurechtweisen, so war ein leises, tiefes Grummeln
ausreichend aufgrund der Überlegenheit (=Souveränität) der Großen. Jetzt knurrt sie in einer höheren Tonlage, viel
lauter, mit wildem Zähnefletschen und gelegentlichem Hervorschießen und Schnappen (ich hoffe du verstehst, welches
Verhalten ich meine; ich kann das nicht besser beschreiben). Das ist - übertrieben ausgedrückt - der Versuch, die
Kleine um jeden Preis zu beeindrucken und eine Überlegenheit zu demonstrieren, die gar nicht mehr existiert.
Die Kleine lässt sich aber eigentlich gar nicht mehr beeindrucken. Ihre Haltung kann man vermenschlichend mit dem
Ausspruch beschreiben: Schon gut, Alte, reg dich bloß nicht auf; ich mach ja schon, und jetzt rutsch mir den
Buckel runter! Sie ist nicht eingeschüchtert und nicht gedrückt (und das ist ein großes Glück, denn sonst wäre ihre
Entwicklung wahrscheinlich sehr gehemmt).
:Werden die beiden zu nahe beieinander gefüttert? Lässt Du eine zur anderen Latschen? Ist der Fütterungsraum zu klein, dass beide in gereizter Stimmung fressen statt in Ruhe? Es gibt eine separate Futterrangordnung im Rudel (was zu vielen Intrepretationsfehlern bei früheren Hundebeobachtungen führte).
Auch hier habe ich viel zu viel weggelassen: Die Beiden fressen friedlich nebeneinander, jede aus ihrer Schüssel. Ich
stehe dabei, das reicht, damit es keinen Streit gibt. Die beschriebene Situation kam einmal auf, als die Kleine ihr
Mittagessen bekam (sie wird dreimal, die Große nur zweimal täglich gefüttert). Kiri kam Betas Schüssel zu nahe, worauf
diese den Kopf hob und sehr vernehmlich knurrte. Kiri zog sich sofort zurück. Am nächsten Tag kam sie wieder zu nahe,
diesmal hob die Kleine nur noch den Kopf, und die Große trollte sich. Das ist auch wieder das, was ich mit Souveränität
meine. Mittlerweile bekommt die Große zwei Leckerchen von mir, während die Kleine frißt; mit soviel Umständen
hervorgekramt und überreicht, dass die Kleine in der Zeit die Schüssel leer hat.
:Hier bevorzugst Du die Grosse, an einer anderen Stelle darf sie nicht mehr aufs Sofa. Das Problem würde jedoch zwischen den Hunden bestehen, was wiederum Dich nicht tangiert. Das Grundgerüst ist ja Du + 1 Hund + 1 Hund und nicht Du + 2 Hunde.
Auch wieder ausführlich: Während der Läufigkeit und in den Wochen danach gab es immer schon leichte Gehorsamsprobleme mit
der Großen. Sie zeigt dann soziale Expansionstendenzen und gesteigerte Aggressivität gegenüber Hündinnen. Obwohl das
biologisch begründet und wohl durch Hormone verursacht ist, muss ich in dieser Zeit die Zügel etwas anziehen und sie
deutlicher einordnen. Dem dienen auch diesmal die erwähnten Maßnahmen. Außerdem, da ich die Unterdrückungsversuche der
Großen gegenüber der Kleinen nicht einfach verbieten will (was passiert sonst, wenn ich nicht zum Verbieten da bin? oder
verstärke ich durch Eingriffe nicht sogar die Aggression?), erschien es mir am sinnvollsten, meine Vorrangstellung zu
vergrößern und klarzustellen, dass an meiner Postion sowieso nicht gerüttelt werden kann.
:Häufig wäre das Dazwischendrängen schon ein Grund anzugreifen.
Du hast natürlich recht, im Prinzip gehen meine Beiden sehr friedlich miteinander um, und wir sind von einer
Eskalation noch weit entfernt.
rückt sie das nicht in ihrem Rang Dir gegenüber und kostet sie somit Substanz ihrer Tochter gegenüber?
Ich denke, ein großer (sozialer) Abstand zwischen den Hunden und mir und ein geringer Abstand zwischen den
Hunden ist unsere Chance auf Frieden. Glaubst Du, ein größerer Abstand zwischen den Hunden und ein
geringerer zwischen mir und der Großen wäre besser? Was passiert dann aber, wenn die Kleine sich nicht
mehr unterordnet? Eine Umkehr der Rangverhältnisse zwischen den Hunden wird kommen, da bin ich mir sicher.
:Allgemein: Ich würde fürchten, es könnte happig werden. Damit Du Dich sicherer fühlst falls Du sie mal trennen musst, halte Tabakpulver bereit.
Wenn es kracht, glaube ich schon, dass ich die Beiden auch ohne Hilfsmittel auseinander kriege. Unsicher
macht mich die Vorstellung, dass der Krieg danach Dauerzustand werden könnte.
:Ich habe aber zudem wirklich den Verdacht, das Du mit dem besten Absichten ein wenig einen Durcheinander machst. Du weißt offensichtlich einiges über die Möglichkeiten des Menschen, die Rangfolge zu stabilisieren, denke aber, das Du etwas zuviel geändert hast für die Mutterhündin.
Tja, und vielleicht rufe ich Differenzen zwischen den Mädels gerade dadurch hervor, dass ich zu
unsicher bin und nicht genügend Souveränität ausstrahle. Glaubst Du, ich solle mich lieber ganz
raushalten und dran glauben, dass nichts passieren wird?
Tschüß Sabine