von Alex & Aris(YCH) am 18. Mai 2003 06:42
Hallo Anja,
:: Es ist so das ein Bekannter (Michael) von mir vor 2 Jahren einen Hund aus dem Tierheim bekommen hat, der gar nicht sozialiesiert ist und einen riesen Aufstand macht wenn er einen anderen Hund sieht.........Aber das alles tut er nicht nicht unbedingt aus Aggressivität, sondern weil er unsicher ist.::
Klingt für mich sehr nach Angstaggression. Turid Rugaas würde sagen der andere Hund ist für Sam ein "green slymie monster"! Die Frage ist, denn das geht aus deinem Posting nicht hervor:
"Was hat der Besitzer bisher in solchen Situationen" gemacht?
Angesagt wäre aus meiner Sicht keineswegs irgendeine Einwirkung auf den Hund. Angst, Unsicherheit mit pseudodominanten Aktionen zu ahnden ist kontraproduktiv. Zu dem Effekt, "Anderer Hund Gefahr droht" kommt dazu: "Anerer Hund, GEfahr droht von dem UND von meinem Herrchen.
Erforderlich wäre eine Desensibilisierung, bei der man Schritt für Schritt beginnt erwünschtes Verhalten zu betärken. Klar dass das 5 Meter vor dem anderen Hund nicht geht. Also beginnt man mit größeren Entfernungen. Ich würde dabei außerdem mit einem konditionierten Bestärker (Clicker) arbeiten. Aber das muss jemand deinem Bekannten zeigen, der was davon versteht. Ansonsten ist die GEfahr von Fehlverknüpfungen durch falsches Timing etc. zu gross.
:: Micheal war natürlich schon in der Hundeschule und da ist Sam auch sehr gelehrig und beachtet die anderen Hunde nach einiger Zeit nicht mehr aber auf der Straße ist er nicht zu halten.::
Wie wurde dort gearbeitet?
:: Außerdem zieht er an der Leine dass einem nach einer halben Stunde spazieren gehen der Arm abfällt. "Normales" Bei- Fuß-Training funktioniert nicht...::
Der erste Schritt wäre "Normales Gehen an lockerer Leine", nicht "Bei-Fuss-Gehen". Dazu findest du sicher einiges im Archiv. Schau mal im Clickerforum!
:: Dann hat Micheal einen Hundetrainer engagiert, bei dem das alles auch wunderbar geklappt hat, nur wieder bei Michael nicht.::
Ein Problem, dass mir sehr bekannt ist. Ich hab auch 2-3 so Kanditaten bei mir im Clickertreff. Tja, woran liegt das wohl? Wenn der Trainer was kann, dann ist es für meist ihn ein Kinderspiel mit einem fremden Hund zu arbeiten. Das Verhältnis zwischen den beiden ist völlig "unvorbelastet", der Hund achtet nur auf die wesentlichen Signale. Oftmals ist er regelrecht erleichtert darüber, dass alles für ihn plötzlich so "eindeutig" wird.
Manchmal demonstriere ich das mit dem Hintergedanken, den Leuten zu zeigen, dass es IMMER an ihnen liegt und nicht am Hund. Ich wirke auf keinen fremden Hund in irgeneiner Art und Weise aversiv ein. Bei meinen gibt es schon mal ein ärgerliches "Naaaah" oder so ähnlich. Warum laufen die aber am Hundeplatz neben mir un "himmeln mich an"?
Tja ich bin dort halt wahrscheinlich einfach "Wichtig"! Und Herrchen oder Frauchen schaffen das nicht. Ohne Geplärre, Gezerre, Geschrei vor dem Hund souverän erscheinen. Klingt einfach, ist aber für manche Menschen schwer.
Aber gerade diese Menschen, die weniger natürliche Autorität haben, kommen dadurch in einen Teufelskreis. Die Kombination aus "uninteressant", "Wischi-Waschi-Ausbildung" (mit Locken usw.) und dann bei "echt-dominanten-Hunden" (ich hasse diesen Ausdruck) "Gas-geben" endet für den Hund in einer einzigen Unberechenbarkeit und somit meist für alle Beteiligten im langfristigen Chaos.
Scheinbare Erfolge verpuffen recht schnell, oder sie sind darauf zurückzuführen, dass irgendeine Struktur erkennbar wird, die vorher überhaupt nicht da war. Der Presi dieses Erfolgs wäre mir zu gross. Vor allem weil ich WEISS, dass es anders geht.
:: Dazu kann ich sagen das Sam ansonsten ein sehr geleehriger und aufmerksamer Hund ist, er befolgt gerne Befehle.::
Das glaub ich gerne. Was für ein Hund ist es denn?
:: Es ist auch so das Michael in seiner Erziehung konsequent ist. Das kann also der Fehler nicht sein.::
Ehrlich auch so ein "abgenudelter" BNegriff. Was ist das genau "konsequent"??? Versuch mal zu definieren. Ich wette mit dir er ist schlicht und ergreifend UNINTERESSANT für seinen Hund.
:: Nach einigem Überlegen und wie gesagt einem Jahr jemanden suchen hat er ihn dann abgemacht, die beiden haben oben beschriebene Situation ca. 5 Min. ausgetragen und dann haben sie sich prima verstanden.::
Was ist das jetzt z.B: für eine "konsequente Methode"? Einerseits die Hunde das Ganze "austragen lassen", andererseits beim nächsten Mal "Geschimpfe, Gerucke"!
:: Der andere Hundebesitzer sagte das das Problem generell sei das er ruhig mal dominater mit Sam umgehen soll und ihn sehr streng behandeln soll.::
"Dominanz" ist so ziemlich das überflüssigste Wort in der Hundeausbildung. Ich treffe täglich Leute, die meinen ihre Hunde wären "dominant". Eben nicht bös, aber schrecklich dominant!
MEist ist es die eigene Unzulänglichkeit, die man auf diese Art und Weise immer dem Hund unter die Pfoten schieben kann. OK, bei meinem geht das und das nicht- ist halt "dominant" (oder einfach nur "blöd" - kenn ich auch).
Es setckt sogar ein klitzeklines Stück Wahrheit drin. Allerdings in einem ganz anderen Sinn, als zumeist gemeint.
"Dominant" ist ein Atttribut, das die Beziehung zwischen zwei Lebewesen beschreibt - und das nur situationsabhängig. Wenn der Besitzer also völlig uninteressant ist und keinerlei "Sender" für den Hund ist, sondern meist nur "Empfänger", dann stimmt wirklich die Rangordnung zwischen den beiden nicht. ABER diese ist nicht durch sinnlose Gewalt wiederherstellbar. Ich denke an eine Rangordnung, die sich dadurch etabliert, WER auf WEN achtet. Wer sendet Signale und wer reagiert darauf. Autorität und Kompetenz erzeugen Kooperationsbereitschaft.
::...... und auch generell sagte er das Sam ein sehr dominanter aber nicht böser Hund sei den man dadurch nicht mit Leckerlie und einem "Feiiiniiiee" beeindruckt.::
Sorry, aber das ist der größte Quatsch. Wir haben einen echten "Terror-Terrier". EX-Einschläferungskanditat und Kettenhund. Den hätt ich mal in anderen Händen erleben wollen. Bzw. natürlich nicht, weil ich weiss, wie das enden hätte können. Er sprang schon mal von einem Dach einer Katze hinterher, dachte einst immer Angriff ist die beste Verteidigung, zerrte an der Leine, wie verrückt, käffte jeden Hund am Horizont an, dasss man meinte, er würde sich sofort auf ihn stürzen, was er teilweise auch tat *ggg*.
Seit ca. einem Jahr arbiete ich mit ihm. OHNE irgendwelcher PSeudo-Dominanz-Gesten. Ich hab das Belchkästchen in die Hand genommen, eine Handvoll Leckerchen in die Tasche gesteckt und los ist es gegenagen. Hat ihn das beeindruckt??? Ja, scheinbar gewaltig.
Er läuft eine prima Unterordnung, er geht mit 99% der anderen Hunde souverän um. Ich konnte mit ihm nach einem halben Jahr auf den Hundeplatz gehen (wäre früher undenkbar gewesen) und ihn dort im Freilauf rumsausen lassen. Wir machen Agility und tausend "Gimmick´s". Er ist mein leibster Clicker-Vorführhund geworden, weil er jeden Schmarrn sofort ausprobiert. Skateboard-Fahren innerhalb 5 Minuten.
:: Zwischendurch hat Michael Sam auf den Rücken gedreht und so kurz gewartet.::
Der legendäre "Alpha-Wurf" auch so ein Ammenmärchen aus der kynopädagogischen Mottenkiste.
:: Ich muß sagen nach den 2 Jahren die ich Sam kenne habe ich ihn heute wirklich nicht mehr wiedererkannt. Diese "ruppige" Art von Erziehung gefällt mir überhaupt nicht aber es hat nach einer halben Stunde schon einwandfrei geklappt!!::
Wenn es aber anders (z.B. mit dem von dir erwähnten Trainer) auch innerhalb kurzer Zeit klappt? Woran liegt das dann? Ist es nicht so, dass der Hund die Unfähigkeit seines Halters bezahlen muss? Warte ab, wie es weitergeht.
:: Tut mir Leid das es so lang ist aber es ist mir auch sehr wichtig weil ich nicht möchte das Sam einen seelischen Schaden davon nimmt!!!::
Dito- aber das Thema bewegt mich wirklich. Es geht anders, glaub mir. Dein Bekannter sollte zu einem wirklich guten Trainer gehen.
Viele Grüsse
Alex & Aris (& Ronni)