von ChristineHd(YCH) am 17. Juni 2002 19:53
Hi Rolf,
trotz Deines zynischen Untertons hier also:
Meine Überlegung war einfach: Hund will das, was er findet, fressen, ein völlig normales Verhalten. Die Natur hat das so eingerichtet, wer leben will, muß fressen.
Nun hat die Natur die Rechnung ohne den Menschen gemacht, der fein säuberlich präpiert Strychnin-, Rattengift-, und sonstige Köder auslegt, Würste mit Glasscherben oder Nägeln gespickt etc.
Die Natur hat auch keine frisch gespritzten Felder eingeplant und verseuchte Pfützen nebendran. Auch keine noch raffinierteren Gifte, die bereits bei Beschnüffeln oder "nur" in den Mund nehmen tödlich bzw. stark gesundheitsgefährdend wirken und auf die mancher Hunde"freund" gerne zurückgreift.
Mein Ziel war schlicht und ergreifend: Ein Nein, das mir der Hund glaubt und das nichts mit Autorität oder Zwang zu tun hat, weil das häufig nach hinten losgehen kann.
Ein freundliches Nein, fast schon wie "na komm, Dödel, lass des man liegen" - denn....Ich als Mensch habe, egal was immer Du findest, noch was viel, viel besseres:-)) Es lohnt sich, den Gammelkram nicht zu fressen.
Ebensowenig, wie der Discwerfer erst beim Giftköder anfängt zu werfen, wartet der Clicker auf das Rattengift in der Katzenfutterdose. Und wer mit dem TT einfach drauflos zischt, wird auch keinen Erfolg haben, denke ich mal, zumindest nicht den, den der Mensch erwartet.
Zu clickern, wenn er ignoriert und zu ignorieren wenn er das Gift frißt, dieser Kommentar ist für Dich etwas naiv und ich frage mich dann schon, warum Du bitte eine extra Sparte Clickertraining anbietest???? Naja.
So, nun zum Training, wie ich es gemacht habe, zum nächsten Schritt habe ich erst gewechselt, wenn der vorherige 100% saß. Die Futterbelohnung variiert von Anfang an.
Schritt 1: Ich halte Futter in der Hand, solange Hund was auch immer macht, um es zu erhalten, wird ignoriert, blickt er weg, wird geclickt.
Schritt 2: Futter auf Boden, Hand drüber, selbes Spiel wie 1
Schritt 3: Futter auf Boden, Hand drüber, Hund schaut hin, sanftes "Nein", Hund sieht weg, click. Hund sieht deshalb weg, weil er eigentlich den Umweg in dieser Situation schon gelernt hat in Schritt 2, das Signal Nein wird gegeben, wenn ich meinen großen Zeh drauf wetten kann, daß er jetzt genau auch wegsehen wird:-)
Schritt 4: Futter auf Boden, Fuß zum schnell draufsteigen noch in Reichweite für den Notfall, Hund will hin, sanftes Nein, Hund sieht weg, click. Zum nächsten Schritt gehts erst weiter, wenn ich meinen Fuß 100% nicht mehr brauche.
Schritt 5: Abstand langsam vergrößern. Hund will hin, sanftes Nein, Hund sieht weg, click
Schritt 6: Leckerlis variieren, auch mal Fleisch, Katzenfutter etc.
Schritt 7: Leckerlis etc. werfen, Hund will hin, sanftes Nein, Hund läßts sein, click
Schritt 8: Leckerlis werfen, Hund bleibt gleich da, Click
Schritt 9: Sichtbares Futter "verlieren", auf Rückweg selbes Spiel, also Nein, click. Mal bekommt er dann als Belohnung das Zeugs vom Boden, oder was besseres oder weniger etc.
Schritt 10: Jabberwocky-Variante: Will was fressen, ich sag Nein, er läßts sein, ich click und werfe zum Jagen die Leckerlis und es wird ein fröhliches Spiel daraus.
Schritt 11: Jabberwocky-Variante, weil es bei uns paar so spezielle Futterplätze gibt, die er früher angepeilt hat: Er sieht in die Richtung, denkt nach, sieht weg, click, Futterwerfspiel.
Jabberwocky würde zwar von der Straße fressen, wenn er direkt über was stolpert, aber:
Er ist rechtzeitig abrufbar
Sollte er was im Maul haben, genügt ein normales Aus und kein Gebrülle oder Jagd nach dem Hund
Er frißt nichts heimlich
Er geht nicht auf die Suche nach Futter
Leider hab ich mit dieser Art Training erst diesen Winter angefangen, davor war mein klassisches Nein nicht immer sehr effektiv. Dennoch, trotz seines hohen Alters, hat er das jetzt super gelernt.
Bambuli frißt gar nichts von der Straße, sollte sie doch mal ein weggeworfenes Brathähnchen verlocken und magisch anziehen, dann genügt ein: Komm, geh weiter, und sie geht weiter, nämlich zu mir.
Verstehst Ralf, ich mach mir keinen Stress mehr damit, was ich denn dem Hund alles verbieten könnte, ich mach mir Gedanken, was ich ihm BIETEN könnte - und siehe da, der Hund präsentiert mir all seine Vorschläge auf einem silbernen Tablett. Man muß nur von seinem hohen menschlichen Ross herabsteigen, oder endlich aufhören, immer den Menschen zuzuhören und man braucht seine Gehirnzellen nur mal in eine andere Richtung als Dominanz, Aggression und Beherrschen polen. Es öffnen sich schier neue unbekannten Welten. Großartig und ich will sie wirklich nicht mehr missen.
Christine