Wassersuche noch Rettungshundearbeit?
von suchhunde(YCH) am 10. August 2001 22:05
Hallo,
nunja wenn man das Wort "Rettungs"hund nimmt ist die Ertrunkenensuche sicherlich nicht im Bereich der "Rettung". Allerdings ist dies eine reines Wortspiel und mehr nicht.
Ich habe nun im Laufe der Jahre schon einige Ertrunkenen- und Leichensuchen hinter mir und nicht eine davon war sinnlos oder gehörte nicht zu meinen Aufgaben. Mit jeder Suche war es mir möglich anderen Menschen zu helfen. Sicher - die Ertrunkenen konnten wir nicht mehr "retten", aber (und das finde ich mehr als wichtig) wir haben die Angehörigen nicht allein gelassen in ihrer Verzweiflung.
Viel wichtiger als die Frage, ob es sich hierbei um einen Teil des Aufgabengebietes Rettungshund (wir nennen uns auch deswegen Suchhundestaffel) handelt wäre doch vielmehr die Ausbildung der Hunde endlich einmal der Realtität anzupassen. Und die sieht leider vollkommen anders aus als jegliche Prüfungsordnung und ist weit, weit entfernt von unserem Wunschdenken. Natürlich wünschen wir uns Menschen retten zu können ------- aber wann ist das denn überhaupt möglich?
90% aller Einsätze verlaufen ergebnislos und von den restlichen 10% werden zu 9% Leichen gefunden. Der Lebendfund ist nun einmal die absolute Ausnahme.
90 % aller Einsätze sind Vermisstensuchen, 8% noch mal Ertrunkenensuchen und wenn es hoch kommt 2 % Trümmersuchen.
Bei allen Suchen ist die Wahrscheinlichkeit des Auffindens eines Toten um ein vielfaches höher als die einen noch Lebenden zu finden.
Passt dies auch nur ansatzweise mit der Ausbildung zusammen? Jeder weis wie die Realität aussieht und trotzdem die Frage ob Leichen-/Ertrunkenensuche zu unserem Aufgabengebiet gehört?
Sicherlich man kann davon unbeeindruckt weitermachen mit der Hoffnung irgendwann einen Überlebenden mal zu finden (und selbst im Bebengebiet ist die Wahrscheinlichkeit dort persönlich selber mal jemanden orten und auch lebend bergen zu können sehr gering) - oder aber einsatzbezogen ausbilden. Dazu gehört dann allerdings auch eine qualifizierte Leichenausbildung (eine Ausbildung mit Hilfe von Tauchern bei der Ertrunkenensuche ist dies mit Sicherheit nicht....)
Auch für uns ist ohne Frage die Lebendortung immer das primäre Ziel. Aber zu den Lebenden gehören bei jedem Einsatz auch die Angehörigen und Freunde des Vermissten, der Baggerfahrer der die Trümmer abräumen muß etc. Und wenn wir schon dem Opfer nicht mehr helfen können, dann ist es unsere Aufgabe zumindest den Angehörigen zu helfen (zusammen mit Notfallseelsorgern).
Und um auch das gleich vorne weg zu nehmen "Leichensuche" ist Aufgabe der Polizei" - wird ein Waldgebiet wenn es mit RH abgesucht wurde und dort "nur" eine Leiche liegt die von den Hunden nicht angezeigt wurde dann noch mal von der Polizei abgesucht oder wird das Gebiet als "frei" deklariert? Werden Polizeihunde in Bebengebieten oder nach Gasexplosionen eingesetzt? Werden Polizeihunde zur Suche nach Ertrunkenen eingesetzt? Sicher die Suche nach Leichen bei Kapitalverbrechen ist und bleibt Polizeiarbeit - es gibt jedoch eine weitaus größere Anzahl an "Leichensuchen" bei ganz normalen Vermisstenfällen.
Mal ganz abgesehen von der "üblichen" Anforderung nach dem Motto "seit 3 Tagen wird eine Seniorin aus dem Altersheim vermisst". Konsequent wäre dann zu sagen "wir machen nichts weil sie eh schon tot ist".
Ich will niemanden missionieren, jeder muß selber entscheiden, wofür er Verantwortung übernehmen will. Ich selber bin jedoch der Meinung daß unser Aufgabengebiet weitaus größer ist, als mal eben eine Oma zu suchen.
Und ich versuche mir vorzustellen wie es wäre wenn es meine Mutter, mein Kind, mein Freund wäre, die seit Tagen vermisst, ertrunken, verschüttet sind und mir die Logik sagt, daß sie es nicht überlebt haben - ich würde sicher nicht tatenlos daheim sitzen bleiben, sondern alles versuchen um von ihnen Abschied nehmen zu können.
ciao suchhunde