Clickern bei Angstkläffer? :: Clickertraining

Clickern bei Angstkläffer?

von Sabine Winkler(YCH) am 02. September 2000 23:47

Liebe Yorkies!

Aus Gründen, die ich sicher bald verstehen werde ;-))), bin ich zur Zeit mit mehreren Hunden konfrontiert, die ängstlich-hysterisch Menschen (Besucher, Leute im Park, in einem Fall sogar den Mann der Familie) ankläffen und in besonders "mutigen" Phasen diese auch von hinten in die Hosenbeine zwicken. Still sitzende Besucher werden in Ruhe gelassen, aber wehe, jemand bewegt sich oder steht gar auf und geht herum (oder taucht draußen plötzlich hinter einem Busch auf). Dann geht das schrille Gekläff los und will gar nichtwieder aufhören.

Es handelt sich - Zufall oder nicht - durchweg um kleine Mischlingshunde, erwachsen, aus dem Tierheim, meist mit mehreren Vorbesitzern und vermutlich mieser Vergangenheit (panische Angst vor erhobenen Stöcken, handscheu etc.) und sicherlich schlecht sozialisiert.
Obwohl diese Hunde offensichtlich sehr ängstlich sind, steckt auch eine Portion Selbstbewußtsein dahinter. (Was sich z.B. dabei zeigte, als ich einen der Hunde auf Discs konditionieren wollte, um damit das Schnappen nach Hosenbeinen zu unterbinden - er hat trotz Discs und allgemeiner Schreckhaftigkeit erstaunlich hartnäckig immer wieder versucht, von allen möglichen Seiten an das auf den Boden gelegte Leckerchen zu kommen.)

Ich vermute auch eine Selbstbelohnungkomponente in dem Verhalten, da aus Sicht des Hundes vermutlich jeweils ein "Erfolg" da ist: die Besucher verschwinden tatsächlich wieder, wenn vielleicht auch erst, nachdem hund sie über Stunden hinweg immer wieder verbellt hat... ;-)

Mein übliches Programm bsteht etwa in: Desensibilisierung (z.B. Handfütterung durch Besucher oder den eigenen Besitzer, wenn Besuch da ist). Erklären, daß das eigene Verhalten - Aufmerksamkeit, schimpfen - das Verhalten verstärken kann. Erklären, daß Besucher den Hund nicht anstarren, von oben nach ihm fassen usw. sollen. Belohnen - meist per Click - fürs Stillsein. Ggf. Ersatzverhalten trainieren (z.B. kommen auf Ruf verbessern, wenn Hund draußen Leute anbellt). Evtl. Bachblüten.

All das hilft zwar ein bißchen, aber wie heißt es so schön: "mühsam nährt sich das Eichhörnchen". Durchschlagende Erfolge bleiben aus. Daher meine Frage: hat jemand Erfahrungen damit, ob/was man bei solchen Hunden noch anclickern könnte oder worauf man dabei besonders achten muß? Vielleicht erwarte ich (bzw. die Besitzer) ja auch nur zuviel zu schnell (da das Problem verständlicherweise sehr nervt)?

Für konstruktive Vorschläge wäre ich dankbar.
Grüße von Sabine

von Franzi+Wonda+Chili(YCH) am 04. September 2000 07:27

Hi Sabine!

Für den Hund kann man wohl nicht mehr tun als das, was Du beschrieben hast. Bei den Bachblüten fiel mir aber ein, dass es oft gar nicht schadet, auch den Hundeleuten Bachblüten und/oder Baldrian zu geben, damit die ihren Teufelskreis aus "genervt sein und dann doch mal losbollern" durchbrechen können.

Wie wäre es bei Dauerkläffern mit MP? Obwohl, wenn die Hunde eigentlich Angst haben, dann sollte man Fremde ja so positiv wie möglich belegen... Aber wie wäre es, wenn das MP genau dann sprüht, wenn der Hund in die Hosenbeine zwickt? Und wenn er sich dann erschreckt, abrufen und dick belohnen?

Nachdenkliche Grüße von Franziska und den Hunden

von Rolf & Barney(YCH) am 04. September 2000 08:38

Hallo Sabine,

: er hat trotz Discs und allgemeiner Schreckhaftigkeit erstaunlich hartnäckig immer wieder versucht, von allen möglichen Seiten an das auf den Boden gelegte Leckerchen zu kommen.)

...mmh ! Mein erster Gedanke an dieser Stelle war, dass ein allgemein eher schlecht sozialisierter / ängstlicher Hund durch die Disc villeicht noch mehr verunsichert wird. Aber ich kenne natürlich die spezielle Situation nicht. Leine / Geschirr als Mittel zur Verhaltensverhinderung wäre eventuell die bessere Wahl.

: Mein übliches Programm bsteht etwa in: Desensibilisierung (z.B. Handfütterung durch Besucher oder den eigenen Besitzer, wenn Besuch da ist).

Wie wäre es mit dem Programm des: Der angstauslösende Reiz wird zum Auslöser für Ersatzverhalten ? Bei einem Golden aus unserem Verein, der in der Dunkelheit Leute verbellte, hat das gut geklappt. Der Hund kann ja lernen, dass das Auftauchen eines Menschen erstmal "Futter kommt" bedeutet. Dafür ist zunächst eine Leine notwendig, von wegen Selbstbestärkung verhindern. Gut ist, ein supersauberes "Sitz" in petto zu haben :-) , dann kann man den Hund nämlich wunderbar positionieren und ihn Futter aus der geschlossenen Hand "graben" lassen während die Fremden vorbeigehen. Gerade gestern haben wir so etwas mit einem Pekinesen-Mischi gemacht, der auf andere Hunde in der von Dir beschriebenen Weise reagiert - der war so beschäftigt mit Lachskekse-Suchen, das er nur mal einen kurzen Seitenblick zu dem anderen Hund "gewagt2 hat :-) . Sehr hilfreich ist, wenn sich die Leute in dieser Situation zum Hund hinunterbegeben, sich also hinhocken. Das hat zuweilen eine erstaunlich beruhigende Wirkung.

:Erklären, daß Besucher den Hund nicht anstarren, von oben nach ihm fassen usw. sollen. Belohnen - meist per Click - fürs Stillsein. Ggf. Ersatzverhalten trainieren (z.B. kommen auf Ruf verbessern, wenn Hund draußen Leute anbellt).

Eine gute Möglichkeit wäre vielleicht, ein festes Ritual einzuführen:

Wenn Besuch kommt, wird der Hund an einem "begehrenswerten" Ort *geparkt*. Z.B. auf dem Sofa (wenn das geht, von wegen "Dominanz" etc.). Dort wird er fleißig gefüttert und bekommt Zuwendung, während die Menschen sich frei im Raum bewegen. Den Ort sollte der Hund wirklich sehr positiv besetzt hat und vor allem sollte ein Mensch daneben sitzen, der Doggie für sein "an diesem Ort bleiben" belohnt. Schließlich könnte dann der Fremde Besucher sich auch in die Nähe dieses Ortes begeben, dem Hund dort ein bißchen Futter zustecken. Wenn Hundi sich erkennbar beruhigt, läßt man ihn "frei", vielleicht nimmt er dann sogar von sich aus Kontakt zu dem Fremden auf. Diese, ich nenne es mal "ortsbezogene" Methode hat den Vorteil, dass der Hund sich zunächst mal sicher fühlt und dann von dort aus stressfrei erkunden kann, wann es ihm beliebt. Weiterhin reduziert dies die Gefahr, dass der Hund "Fehler" macht und die Menschen daraufhin wieder "schimpfen" müssen. Die Besitzer haben so die gesamte Situation besser unter Kontrolle und fühlen sich auch sicherer.

Vor allem sollten die Fremden nicht aktiv auf den Hund zugehen, ihn völlig ignorieren. Wenn Doggie in der Nähe vorbeiwatschelt, sollte natürlich ein Stückchen Superleckerchen runterfallen :-) . Ich würde es dem Hund aber nicht anbieten (sprich: aktiv geben), sondern wirklich nur locker fallen lassen ohne zum Hund zu schauen.

...waren so meine Ideen dazu...

Ciao

Rolf & Barney

von Elke Landrock(YCH) am 04. September 2000 09:14

Hallo Sabine,

zwei Denkanstöße habe ich zu Deiner Problematik:
- ich halte es für kritisch, bei Hunden, die bereits gelernt haben durch aktive Aggression das ihnen Angst machende "Objekt" zu vertreiben mit Disk zu arbeiten, hätte auch an Dein Bein gehen können !

-stimmt die Rangordnung in der Familie ? Oft werden gerade solchen "armen" Hundchen mit Vergangenheit schnell Privilegien eingeräumt und der Schuß geht nach hinten los!
Ich habe selbst einen "Wadenbeißer", aber solange ich dabei bin (und das bin ich wenn Fremde anwesend sind immer) reicht ein "Naaa" und sie läßt es. Aber selbst nachdem sie von dem Besuch gefüttert wurde und sich hat anfassen lassen, muß ich auf der Hut sein, sobald sich dieser mit dem Rücken zu ihr bewegt.
Zu Hause kannst Du den Hund auf seinem Platz anbinden lassen sobald es klingelt, ruhiges Verhalten wird geclickt- setzt gute Nerven voraus, das kann dauern ! Die Bachblüten für die Besitzer sind prima,denn in der Ruhe liegt die Macht.
Sollten die Bachblüten die Histerie nicht eindämmen, so ist es unter Umständen sinnvoll auch einmal zu stärkeren Medikamenten zu greifen, die aber den Austausch von Botenstoffen im Gehirn nicht beeinträchtigen, denn Lernen unter Streß ist ja nun einmal nicht möglich.
Für draußen hilft nur üben, üben,üben. Distanz herausfinden, die der Hund erträgt und die langsam verringern. Click für den Blick zum Hundeführer, gibt Sicherheit und Hund lernt zu schauen. Wer mich anschaut, kann nicht gleichzeitig jemand anders ankläffen !
Ist alles sehr mühseelig und ein langer Weg und nur machbar, wenn der Besitzer in der Lage ist seinem Hund Sicherheit zu vermitteln.
Auf MP würde ich versuchen zu verzichten (siehe Disk)
Ich wünsch Dir viel Erfolg und Hundebesitzer mit Durchhaltevermögen !

Es grüßt
Elke Landrock




von Elke Landrock(YCH) am 04. September 2000 09:30

Hallo Rolf,

" und vor allem sollte ein Mensch daneben sitzen, der Doggie für sein "an diesem Ort bleiben" belohnt"
wenn das klappt, prima ! Aber wenn Hundi trotzdem wieder kläfft, mein Futter verweigert, dann muß ich da weg. Belohnung nur für "an diesem Ort bleiben und Klappe halten" oder ?
privat posting heute abend !

Tschüß Elke


von Daggi(YCH) am 04. September 2000 11:15

Hallo Sabine,

aus meinem eigenen Kundenkreis habe ich ein ähnliches Problem. Hier handelt es sich um einen Schäferhund - tatsächlich von einem Schäfer übernommen, der ihn erschiessen wollte, da der Hund Schafe hetzt und so für ihn unbrauchbar war. Der Hund zeigt sich anderen Hunden gegenüber sehr souverän und sehr sozial. Menschen, die seinem neuen Besitzer zu nahe kommen werden mit sehr heftigen Scheinangriffen ( bis zum Schnappen)auf Distanz gehalten. Auf dem eigenen Grundstück ist es nicht möglich Besuch zu empfangen, da der Hund sofort angreift. Die Besitzer haben dem Hund der aus nicht gerade guten Verhältnissen kam aus Mitleid sehr viele Privilegien eingeräumt, was der Hund in ihren Augen mit "Dankbarkeit", aus meiner Sicht mit einer vollkommen übertriebenen Bindung quittierte.
Nachdem sich nun auch die Verwandschaft durch die ständigen Angriffe nicht mehr in den Garten wagte, war man der Ansicht, der Hund sei Verhaltensgetört! Ich habe mir das ganze Spektakel angeschaut und sah folgendes: Ein Hund, der zwischen Unsicherheit und Aggression hin und herschwankte, der mehrfach(eigentlich immer)Erfolg beim vertreiben der "Eindringlinge" hatte, der (er war zu meiner Sicherheit angeleint) immer wieder versuchte, sich in seinen (offenstehenden) Zwinger zurückzuziehen.
Das andere war ein Besitzer, der den Hund fast nicht halten konnte, zwischen "ist ja gut" und "AUS" Rufen hin und herschwankte. Der Hund reagierte auf lauteres Rufen des Besitzers extrem heftig.
Im Gespräch bekam ich mehrfach Aussagen wie: Hier hat ja auch niemand einfach hereinzukommen, der sieht ja auch sehr imposant aus, der will uns nur verteidigen - weil er es bei uns so gut hat! et cetera, wohl nichts Neues.
Zunächst haben wir auf dem Hundeplatz ohne Ablenkung den Grundgehorsam soweit gefestigt, dass Platz auch Platz bedeutet, der Hund auf Zuruf seines Besitzers kommt usw. Dann haben wir auf dem Platz Begegnungen mit Menschen geübt, Begrüssungen nachgestellt, Hund und Besitzer duch Gruppen gehen lassen und auch mal drei, vier Personen auf Hund und Mensch zugehen lassen. Jegliches Angreifen seitens des Hundes wurde restlos ignoriert. Bestärkung ist für diesen Hund nur der Kontakt zu seinem Besitzer, er nimmt weder Futter noch Spiel an, also haben wir bei extremen Verhaltensweisen mit "Herrchenentzug" gearbeitet. Der Besitzer lernte, den Hund dann restlos zu ignorieren, auch nicht auf ihn einzuschimpfen, was aber noch schwerer zu vermitteln war: überschwengliches Lob bei ruhigem Verhalten. Erst als er sich in diesen Situationen unauffällig verhielt, gingen wir zum "heimischen Territorium" über. Zur Zeit geht jeder Besuch( nur Leute, die KEINE Angst haben) durch den Garten ins Haus, so dass der Hund es mitbekommt. Der Hund wird dazu vorher angeleint, auch nach draussen gebracht, der Besuch geht vor, der Hund folgt mit Mensch. Sollte er wieder drohen, bleibt der Besuch im Garten stehen, der Hund wird kommentarlos aus seinem (sicheren?) Garten gebracht, wieder herein geführt, bei ruhigem Verhalten gelobt, ansonsten wieder hinaus.
Mittlerweile ist der Hund durch einen Pfiff wieder auf den Besitzer konzentriert (extra kein Kommando), regt sich recht schnell ab, oft erst gar nicht auf. Der nächste Schritt wird sein, auf kurzen Spaziergängen den Hund an jemand anderen zu übergeben, der dann mit ihm das Grundstück betritt.
Ich denke, das ist ein Standartbeispiel, wie aus falsch verstandenem Mitleid ein Problemhund heranerzogen wird. Ich habe nun schon recht häufig gesehen, dass die Besitzer wenigen das Verhalten des Hundes stört, als die Reaktionen der Umwelt auf solch einen Hund.
Speziell in diesem Fall war JEDE Reaktion der Besitzers bestärkend für den Hund. Ich hätte hier wohl meine Gesundheit massiv aufs Spiel gesetzt, wäre ich mit MP oder Disc vorgegangen. Das Ganze dauert nun schon Geraume Zeit, Fortschritte stellen sich kontinuierlich ein, aber ein einziger Erfolg für den Hund wirft uns wieder um Wochen zurück.
Leider ist der Besitzer auch nur ein Mensch und recht aschwankend in seiner Tagesform!
Vielleicht konnte ich Dir helfen,
liebe Grüsse, Daggi

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