Leinenaggressivität u. Autorität
von Wiebke(YCH) am 12. Dezember 2001 09:25
Hallo,
mich würde eure Meinung zu folgendem interessieren: man hört ja manchmal, dass ein leinenaggressiver Hund ein Hund ist, der die Autorität seines Besitzers nicht genügend akzeptiert (es sei denn, er ist aggressiv aus Angst heraus). Eben einen solchen Hund habe ich. An der Leine behandelt er mich manchmal, als wäre ich Luft. Kommen andere Rüden vorbei, veranstaltet er einen Riesentheater ganz nach dem Motto "Ich freß dich gleich". Es ist ganz offensichtlich, dass er in solchen Momenten nicht im geringsten auf mich hört. Einmal, als ich in einer solchen Situation böse wurde, mit ihm (zugebenermaßen etwas hysterisch) zu schimpfen begann, hat er sogar nach mir geschnappt.
Andererseits aber wiederum gehorcht mir derselbe Hund ohne Leine fast aufs Wort. Ich würde nicht meine Hand dafür ins Feuer legen, dass ich ihn jeder Situation abrufen könnte- wäre bei einem lebendigen, nicht berechenbaren Lebewesen wie einem Hund wahrscheinlich auch albern- aber sagen wir es mal so: meine Trefferquote ist erstaunlich hoch. Ohne Leine ist er natürlich auch von vornherein weniger aggressiv. Trotzdem finde ich es erstaunlich, dass ich denselben Hund mit einem einfachen Rückruf daran hindern kann, sich an einer Rauferei zwischen mehreren Rüden zu beteiligen, der mich an der Leine völlig ignoriert. Läuft er frei, zeigt er auch auf andere Weise, dass er mich als seinen Chef akzeptiert. So sucht er meinen Blickkontakt, wenn wir in eine kritische Situation geraten, etwa wenn ein anderer Hund Anzeichen macht, ihn anzugreifen. Oder er bleibt hinter mir, deutlich klar machend, dass ich mir gefälligst überlegen soll, was wir beide nun am besten machen.
Kann es nicht sein, dass die einfache Gleichung: in einer Situation ungehorsamer Hund= nicht genügend untergeordneter Hund nicht aufgeht? Normalerweise sagt man ja, dass ein Hund in seinem Rudel eine bestimmte Position einnimmt, und die ist entweder unter dir oder, wenn Pech hast, über dir. Kann es nicht aber auch sein, dass Hunde das auch staffeln können? In diesem Falle also folgendermaßen- an der Leine entscheidet er, ohne Leine ich. Natürlich muß man bei dieser Leinengeschichte auch bedenken, dass bei dem Hund Nervosität durch den eingeschränkten Bewegungsspielraum hinzu kommt. Aber trotzdem es doch auffällig, dass mein Hund aus der Tatsache, dass ich seiner Meinung nach am anderen Ende der Leine nichts zu sagen habe, nicht schließt, ich hätte insgesamt nichts zu sagen.
Viele Grüße, Wiebke