von Thorben(YCH) am 16. Juni 2001 18:39
Hallo Christine,
: Down habe ich nicht. Bei JW habe ich einen "Stop-Pfiff" oder "Halt". Er bremst dann oder verzögert und ich sage "Ja". Das ist aber kein trainiertes Stehbleibkommando in dem Sinn, sondern eher so ein "Gib mir Deine Aufmerksamkeit".
Sorry, ich war etwas unpräzise vorhin. Ich versuche, auf das anraten meiner Gastgeberin hin, möglichst "verallgemeinerbare" Vorschläge zu machen, das hätte ich dazuschreiben sollen. Wenn ich mit meinen Nordländern "arbeite", brauche ich nur die Handvoll Schlittensignalworte, ansonsten geht alles über Laute und Körpersprache.
Aber das ist nicht jedermanns Sache, drum hatte ich den "finnischen Notausgang" vorgeschlagen, den haben viele Menschen, denen ich beim training geholfen habe, umsetzen können, die Sache, die Sprache der Hunde wirklich zu lernen und anzuwenden, leider nicht.
Ich habe eine zeitlang u.a. mit drei Laikas gearbeitet (jemand hatte sie aus einem Zwinger herausgeholt, und sie waren für ihre eigentliche Aufgabe, die Bärenjagd, bestens ausgebildet, aber mal wieder zu alt geworden, und erwiesen sich als "zuchtuntauglich", die alten Herren hatten nicht soviel Lust...), und die drei konnten natürlich nicht im Kopf auf "Rente" umschalten. Da ich sie nicht nur im Freilauf halten, sondern auch mit ihnen raus in die Welt gehen wollte, habe ich sie sehr genau beobachtet und hatte nach kurzer Zeit ihre "signale" herausgehört. Und also, da die Herren nicht mehr so fit waren wie in jungen Jahren, habe ich halt ein bischen mit aufgepaßt, es gab einen Knurrlaut für "vorsicht, Schwarzbär, alle hinlegen", und einen Heullaut für "vorsicht, Grizzly, alle flüchten", also auch nicht das klassische "Down", denn das wäre ja im fall der Begegnung mit dem Grizzly tödlich gewesen.
Ich habe dann diese Laute der Hunde "einfach nur" viel, viel bestärken und neu verknüpfen müssen, aber genau das ist ein Weg, den ich nicht jedem "einfach so" empfehlen mag, denn es erfordert einiges an Beobachtung, und ich bin halt mitten zwischen verschiedenen "Nordländern" aufgewachsen, manchen Menschen habe ich auch schonmal davon abgeraten, sich in "Hundesprache" verständigen zu wollen, denn sie sahen viele minimale Unterschiede nicht, wenn ich sie fragte. Darum meine Vorsicht vorhin.
: Ich habe aber bei Bambuli zB bewußt den Weg "nur Sichtzeichen" gewählt, weil man dann Signale nur gibt, wenn der Hund wirklich bei mir ist, geistig. Man widersteht der eigenen Versuchung, einfach nur daherzureden und man arbeitet völlig anders mit dem Hund und auch der Hund lernt anders. Auch sie kennt Hörsignal "Halt" im Sinne gib mir Aufmerksamkeit.
Da gebe ich Dir vollkommen recht, nur leider kann das nicht jeder Mensch, das war eine der bittersten sachen, die ich als Trainer für Gespannfahrer lernen mußte, und drum suchte ich halzt immer wieder nach "Mittelwegen", die dem Hund zumindest so weit, wie der Mensch es schafft, entgegenkommen.
Dass Deine Art, mit Hunden umzugehen, eine der noch recht seltenen großen Ausnahmen von der Regel ist, gemessen an den "Unmengen" an "normal erzogenen", un-verstandenen und un-gehörten Hunden, die hier in Deutschland herumlaufen, weißt Du ja selbst.
: Ich denk mir halt: Wie oft haben sich Berry und Jabberwocky Lautsignale gegeben? So gut wie nie. Die Kommunikation funktionierte still. Und sie funktionierte perfekt.
Nein, die Hunde sprechen auch nicht so laut miteinander, ich frage mich auch immer wieder, was das soll, wenn in den Büchern steht "reden Sie mit Ihrem Hund, quasseln Sie ihn voll, schalten Sie ihm das Radio ein" usw. usf. Wer quatscht denn im Wald oder in der Steppe den ganzen Tag auf einen Wolf ein?????
: Und mit JW habe ich mal Test gemacht: Er rumpelt durch den Wald, ist nicht mehr zu sehen und zu hören. Ich lass mich mit Bambuli in einer Mulde nieder, ganz leise. 10 sec später ist JW bei uns. Hunde nehmen viel mehr wahr, als wir nur erahnen können, ich denke, man muß ihnen nur die Möglichkeit geben, diese Fähigkeiten zu entwickeln.
Ja, klar, Christine, siehe oben, das ist der Schritt für die Zeit nach dem Bewältigen der Klippe, das Cross-Over hinter sich zu bringen und auf positive Bestärkung umzusteigen, ich habe bei "meinen Leuten" leider oft gemerkt, dass sie überfordert waren, wenn sie jetzt auch noch vollkommen die Klappe halten sollten, also auch ohne Signalwörter auskommen und trotzdem mit den Hunden kommunizieren sollten. Ich hab's ihnen gezeigt, wie es geht und dass es geht und dass die verschiedenen Rudel recht ähnliche Strukturen und Kommunikationsmuster haben, sie haben's gesehen, sie haben gestaunt, aber sie haben sich nicht rangetraut. Und dann habe ich ihnen auch immer zumindest eingeschärft (nach bester Clickermanier, vor 30 Jahren gab's dazu nur leider noch keine Bücher zum Nachlesen): "Haltet den Mund, guckt hin, fühlt hin, fühlt mit, aber textet nicht die nächsten 3,4,5 Stunden die Hunde zu".
Aber viele (zum Glück nicht alle) bekamen schon die Panik, wenn sich ihr Rudel mal mehr als 20 Meter von ihnen entfernte (es ist ein Zaum um's Grunstück, aber auf den damals noch abgetrennten 3 hektar für Gäste konnte sich so ein Rudel halt schonmal vernünftiger bewegen und entfernen als in den "normalen" Zwingern), und dann war's in meinen Augen immer noch besser, wenn sie freundlich, aber bestimmt den Leithund beim Namen riefen und ein "Tänne" anfügten, und der brachte dann von sich aus das ganze Rudel mit, als wenn sie panisch herumliefen und in ein "Hilfe, wo seid ihr, kommt sofort zurück" verfielen. Ich will den Teilnehmern hier im Forum nicht unterstellen, dass sie alle genauso panisch sind, keinesfalls, aber ich denke, es geht sicherer, ohne Rückfallgefahr in alte Strukturen, wenn mensch step-by-step vorgeht.
Ist verstehbar, was ich meine?
: als JW noch zog, kannte er die wichtigsten Dinge wie Richtung, langsam, Trott auch mit Stimme.
Die wichtigsten, eben, und wenn Du mich persönlich fragst, ist das nur eine "Handvoll", alles weitere geht hervorragend über Gesten, über Stimmung, über Mitheulen oder auch mal sich anknurren.
: Aber eine Erfahrung hab ich auch mit fremden Hunden gemacht, u.a mit Huskies: Wie leicht verstehen sie die Körpersprache/logische Sichtzeichen und wie schwer ist für sie unser gesprochenes Wort. Deshalb wähle ich Sichtzeichen und würde diesen Weg auch gehen, wenn ich einen ausrangierten Schlittenhund übernehmen würde.
Das ist auch der Weg, der deutlich näher am Hund ist, in meinen Augen, aber dazu gehört halt auch, die Nuancen im Knurren, im Heulen, im (bei Huskies ja sehr seltenen) Bellen, im Gehen, Stehen, Rennen, in jedem Gesichtsausdruck wahrzunehmen und lesen zu können, und das traut sich nach meinen Erfahrungen nur selten jemand zu (und in manchen Fällen ist es ja auch sicherer so, ich würde keinem empfehlen, sich vor seinem Rudel oder auch nur vor dem Leithund des Rudels "spaßeshalber" drohknurrend aufzubauen.
Bevor hier jetzt gleich von irgendwoher (nicht von Dir) die Frage kommt, was das alles denn bitte noch mit Clickern zu tuen hat...Für mich eine ganze Menge, denn es geht mir immer um die möglichst präzise "Beobachtung" des Hundes, damit ich nicht nur das Verhalten, das er gerade zeigt, sondern möglichst auch noch seine "Stimmung" mit bestärken kann. Was nützt mir das tollste "Sitz", wenn der Hund immer im Streß ist, wenn er sich setzt, nur weil ich ihn x-mal dafür bestärkt habe. mir war und ist bei allen meinen Hunden immer wichtig, dass es auch lebendig und spannungsfrei, gelöst dabei zugeht, und da es oft "ausrangierte" sind, die mit mir leben, ist dieser Punkt umso wichtiger. Und von so einem "ausrangierten" Hund gingen die mailings ja auch aus.
Herzliche Grüße an dich und Deine Drei von
Thorben und der wartenden Nordlandbande