von Constanze+Jule+Taiba(YCH) am 09. Februar 2001 22:31
Hallo Merlino,
dieses Posting von Dir unterschreibe ich mit Haut und Haaren!!! Du hast das wunderbar ausgedrückt. Wenn ich immer dieses stereotype Rangordungsgelaber lese, kriege ich die Krise. "Der Hund darf nie! zuerst durch die Tür. Ich habe sofort ein Dominanzproblem, wenn er auf dem Sofa sitzt. Er muss, bevor er was fressen darf, am besten einen dreifachen Salto auf Kommando vollführen. Er darf nicht auf meinem Grundstück pinkeln, weil er mich dann nicht ernst nimmt. Usw.!" Für wie platt halten manche Leute eigentlich das hochsoziale und komplexe Lebewesen Hund?
Zwischen meinen Hündinnen ist die Rangfolge super eindeutig geklärt, da gibt es nicht die Spur eines Zweifels. Und trotzdem darf die Kleine auch mal auf dem erhöhten Platz der Großen liegen. Sie darf nach dem Pinkeln scharren wie ein Weltmeister, auch wenn die Große daneben steht. Sie darf sich auch mal an den Futternapf drängeln, wenn die Große am Fressen, aber nicht übermäßig hungrig ist. Ihre Überlegenheit zeigt meine Große viel subtiler und ganz souverän ohne großes Gekreische, da muss man schon genauer hingucken und nicht nach pauschalen Bildern bewerten.
Ich habe mal gewagt, zu behaupten, dass das, was wir allgemein als Konsequenz ansehen, bei Hunden gar nicht vorkommt. Man hat mich fast gekreuzigt für diese Aussage. Aber mal ein Beispiel aus dem Bereich "der Chef geht die Treppe zuerst hoch und zuerst durch die Tür":
Wenn wir vom Spaziergang heimkommen, saust der kleine Wirbelwind immer zuerst rein. Da würde sich die Große nie drüber aufregen. Anders sieht es aber aus, wenn die Große vor dem Spaziergang ihren Kauknochen im Flur hinterlegt hat. Da reicht beim Heimkommen schon vor der Tür ein strenger Blick und die Kleine trottet brav und mit hängenden Ohren hinter! der Großen nach oben.
Nach verbreiteter Auffassung und in die Mensch-Hund-Kommunikation übertragen, wäre das völlig inkonsequent. Mal darf sie zuerst und mal nicht, da wird der arme Hund ganz wirr und wir verlieren unsere Glaubwürdigkeit. Das ist doch Humbug, wir haben es doch nicht mit Maschinen zu tun.
Meine Große verbietet der Kleinen nicht grundsätzlich irgendwelche Dinge, das hat sie gar nicht nötig. Sie kommuniziert mit ihr! Und wenn sie etwas, was sie sonst nicht interessiert, der Kleinen plötzlich verbieten will, weil ein aktueller Anlass vorliegt, dann teilt sie ihr das durch Körpersprache mit. Und erst dann folgt auf Nichtbeachtung die konsequente Ahndung!
Solche Verhaltensweisen sollten wir uns genau ansehen und unser Verhalten den Hunden gegenüber daraus ableiten. Meine Hunde dürfen mal auf dem Sofa sitzen und mal (z.B. wenn Besuch da ist) nicht. Deswegen habe ich weder ein Dominanzproblem noch irritiere ich meine Hunde. Entscheidend ist für mich allein, dass sie auf mich reagieren und ohne Diskussion das Sofa verlassen, wenn ich ihnen das mitteile.
Hunde sind konsequent, aber auf eine ganz andere Art, als es gewöhnlich propagiert wird.
Und außerdem gebe ich Dir völlig Recht, dass die Tendenz besteht, unseren Hunden jegliches Maß an Persönlichkeit abzusprechen und sie zu wandelnden Kommandoempfangszentralen zu machen. Ich finde das scheußlich. Meine Große würde sich z.B. nie von Fremden ein Schweineohr wegnehmen lassen (von mir natürlich schon) und ich finde, das muss sie auch nicht.
Herzliche Grüße
Conny