von Sören(YCH) am 09. August 2002 12:54
Hallo Markus,
natürlich ist es richtig, daß gerade Hunde aus Leistungslinien eine gesteigerte, naja, Empfänglichkeit für Aggressionsbereiche haben. Wohlgemerkt, ich rede hier von der Bereitschaft Aggression zu zeigen, nicht vom Ausleben einer irgendwie gearteten Aggression oder gar gesteigerter Aggressivität. Das ist nämlich ein himmelweiter Unterschied.
Und auch ich kenne Sporthunde, die man im normalen Leben zumindest mit Vorsicht genießen sollte. Sie sind nicht unberechenbar oder gar unkontrollierbar, es sind nur sehr selbstbewußte, dominante Tiere die man nicht bedenkenlos von jedem anfassen lassen sollte.
ABER: Diese Hunde sind nicht durch den Sport so geworden!!!! Es sind Hunde aus Leistungslinien, teilweise aus Zuchten wo auch die diensthundehaltenen Behörden ihre Hunde her bekommen. Es sind im Sport sehr lernwillige, temperamentvolle, schnelle, leicht zu motivierende und zu führende Hunde, wenn man weiß wie. Auf der anderen Seite muß man ihnen mit absoluter Konsequenz ganz klare Grenzen aufzeigen und sehr bedacht und überlegt mit ihnen umgehen.
Diese Hunde sind von der Veranlagung so, werden nicht durch den Sport so gemacht. Gibt man sie in unbedarfte Hände, gibt es in der Regel Probleme, keine Frage. Im Sport taucht diese Sorte Hund vermehrt auf, auch das ist richtig. Aber nicht, weil diese Hunde zur Befriedigung irgendwelcher Profilneurosen gebraucht werden, sondern weil es einfach Spaß macht solche Hunde zu führen und mit ihnen zu arbeiten... Ein Hund mit unermüdlicher Motivation, sehr großer Arbeitsbereitschaft und hohem Triebpotenzial macht Spaß... vorausgesetzt er ist ausgelastet und kann sein Potenzial nutzen... ansonsten wird es problematisch.
Ein Leistungsrichter sagte mal so schön: "Egal in welche Sportart man schaut, ob es Fußball, Tennis, Boxen oder Surfen ist: Jeder Spitzensportler geht mit einer gesunden Aggression als Triebfeder in seine sportliche Aktivität. Aber wenn wir im Hundesport von Aggression als Urinstink sprechen, dann bildet man gleich Kampfhunde aus und ist ein militanter Idiot."
Aggression ist zumindest laut Konrad Lorenz nichts Schlechtes, die Frage ist nur wie sie eingesetzt, ausgelebt und kanalisiert wird.
Und um auf Deine Ausgangsfrage zurück zu kommen: Hunde mit ausgeglichenen Triebbereichen (Beute, Wehr und Aggression) eignen sich besonders gut zum Sport... das ist eine Binsenweisheit. Aber der Glaube, daß ein Spitzenhund zu Hause ABSOLUT IN JEDER LEBENSLAGE UND ÜBERALL genauso problemlos ist wie häufig blauäugig behauptet wird, kann auch ich als aktiver VPG-Sportler und Schutzhund-Helfer nicht uneingeschränkt unterschreiben...
Aber man muß eines klar sehen: Diese Hunde sind eben so und werden es nicht durch die Schutzhundeausbildung. ABER: Die VPG-Ausbildung ist die einzige Ausbildung, wo die Hunde und vor allem die Hundeführer lernen können mit diesem Potential umzugehen, es auszulasten und zu kontrollieren... zeige mir das mal im Agility.
Viele Grüße
Sören