von Senta(YCH) am 02. Januar 2003 14:45
: Hallo Leute,
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: es wird so viel "Wind um Lind" gemacht, als ob er das Spielen mit Hunden erfunden hätte. Richtig ist, daß er geschickt vermarktet, was Hundesportler eigentlich sowieso schon immer gemacht haben. Richtig ist auch, daß er vieles methodisch verarbeitet und erklärt hat, was vorher eher intuitiv gemacht wurde; gerade Hundeanfänger können aus seinen Büchern und Videos das Spielen mit dem Hund erlernen.
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: Nun wurde ja schon öfter diskutiert, inwieweit sich Schutzhundausbildungen auf die Lind-Methode stützen lassen, und abgesehen davon, daß ohnehin jeder seinen eigenen Weg finden muß, wäre es ja mal interessant zu wissen, ob Lind überhaupt selbst je Hunde auf Prüfungen geführt hat und wie erfolgreich er war - immerhin reißt er die Klappe weit auf. Wer weiß was darüber?
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: Gruß, Attila
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Hallo Attila,
ich habe die von Dir ausgelöste Diskussion über E.Lind gelesen. Ich kenne E.Lind persönlich seit 5 Jahren und glaube, dass die meisten nicht verstanden haben, was er vermitteln will. Sicher haben schon früher die HF gespielt, aber meistens nur um Trieb zu machen und um dann Zwang anwenden zu können und den Hund mittels Spiel - wie mir ein Ausbilder sagte - wieder aus dem Loch holen zu können, um ihn vom Schmerz abzulenken. Das ist nicht das Ziel von Lind-art. Ein Hund lernt im Welpenalter alles durch Spiel - seine Bewegungen zu koordinieren, Beute zu machen, Kampfspiele, Berührungsspiele, Sozialkontakt, seine Artgenossen zu verstehen. Siel ist für den Hund ernste Arbeit. Deshalb sollten wir das ausnützen und uns als erstes auch mal um die hundliche Kommunikation kümmern, lernen unseren Hund zu verstehen und auf seine Art der Kommunikation einzugehen und ihm auf dieser Ebene unsere Ziele (sitz, platz, steh, fuß, bringen etc. ) verständlich machen. Unsere menschenspezifische Sprache können wir da ebenfalls mit einbringen, der Hund lernt sozusagen zweisprachig, mit der Zeit lassen wir die hundlichen Kommunikationsgesten immer mehr weg und der Hund wird auch unsere "Sprache" verstehen.
Was E. Lind immer wieder betont, ist, dass eine Erziehung oder Ausbildung ohne eine intakte Rangordnung nicht möglich ist. Das ist für den Hund absolut notwendig, damit er sich wohlfühlt, er ist dies von seiner Natur her gewohnt. Eine intakte Rangordnung erfolgt aber nur, wenn der Hund zu mir vertrauen hat, zu mir als Autoritätsperson aufsehen kann. Das erreiche ich nicht mit Zwang, Druck, Jähzorn und Schlägen. Ich sollte für meinen Hund ein Leitbild und eine Idolfigur sein. Ich habe nie gesehen, dass E. Lind bei seinen Hunden mit Stachel arbeitet oder die Hunde, bevor er sie aus seinem Hänger zur Vorführung bei den Seminaren holte, mittels Zwang vorbereitete. Ich weiss, dass dies immer wieder behauptet wird, das sind die Neider, die nicht glauben können, dass es auch anders geht. Dagegen spricht auch die Körpersprache von Quirin. Er geht aufmerkam erwartungsvoll mit wedelndem Schwanz, hoch aufgerichteten Ohren. Das letzte Mal sah ich Qurin vor 1 1/2 Jahren im Alter von fast 9 Jahren. Er konnte kaum erwarten, mit Ekard zu arbeiten. Er wurde übrigens von mir selbst aus dem Hänger geholt, also konnte er gar nicht von Ekard Lind vorher mittels Zwang vorbereitet werden. Wo sind die Hunde von Leistungsportlern in diesem Alter? Meistens wurden sie wegegeben, weil mit ihnen nichts mehr anzufangen ist, weil ihr Nervenkostüm durch den ständigen Druck und Zwang kaputt ist.Soviel ich weiss, hat Lind mit Quirin sehr wohl in der SCHHIII gearbeitet und war sehr oft in der UO erfolgreich mit Höchstnoten. Dass es nicht immer geht, spricht für ihn, denn ein Hund ist eben kein Roboter und so wie auch der Mensch nicht immer die Höchstleistung erbringt, ist es auch bei einem Hund.
Dass der Hund durch MO oder Futterspiel zu überdreht wird, na da muss ich halt auf Balance achten. Genau das versucht ja E. Lind in seinen Seminaren und Büchern - siehe auch das Buch "TEAM-Balance" zu vermitteln. Ebenso muss der Hund im Spiel die Spielregeln einhalten ansonsten geht es nicht, er darf sich nicht verselbständigen, darf mich nicht in die Hose oder die Ärmel zwicken usw.
Zu Wedeln mit dem MO - da wurde wohl überhaupt nichts verstanden. MO und Futter sind nur Hilfsmittel, ich bin im Mittelpunkt des Geschehens, des Spiels, an meiner Mimik, Körpersprache liest der Hund ab, was kommt, ob ich nun das MO werfe oder nicht. Und genau da scheitern die meisten mit LIND-art. Der Hund schaut nur auf das MO oder das Futter in meiner Hand und dann geben sie auf. das wichtigste wurde nicht beachtet, die Kommunikation mit dem Hund, der Augenkontakt und wie gesagt, dass ich der Motivator bin. Außerdem sollte man MO und Futter frühest möglich verstecken, aber bei der Ausbildung mit viel Abwechslung arbeiten, plötzlich und unerwartet - variabel- das MO werfen, oder ein Bewegungsspiel inszenieren oder ein Berührungspiel oder Futter werfen, also die Bandbreite der Motivationsmöglichkeiten ist sehr groß, man sollte sich nicht nur auf ein Gebiet festlegen. Und so macht es beiden Spaß. Außerdem muss ich immer auch auf meinen eigenen Hund, seine Persönlichkeit, eingehen und dabei sind auch die rassenspezifischen Unterschiede zu beachten. Es gibt Rassen, die sprechen auf Beute überhaupt nicht an, da bin halt dann ich als Mensch gefordert, etwas zu finden, was auch meinem Hund Spaß macht.
Wir arbeiten auf unserem Hundeplatz seit nunmehr 5 Jahren nur nach Lind-art, wir haben die verschiedensten Rassen, Mischlinge usw. Die Fehler, wenn die gesteckten Erwartungen nicht erreicht werden, liegen immer beim Hundeführer - Rangordnung stimmt nicht, der Hund dominiert dadurch beim Spiel (er interessiert sich für alles andere auf dem Platz nur nicht für seinen HF, er schnuppert am Boden usw.) - manche sehen das ein und arbeiten dann an der Rangordnung, was man dann auch bei der Ausbildung sofort bemerkt. Ein positives hat LIND-art auf jeden Fall: der Hund wird nicht kaputt gemacht, was bei der konventionellen Ausbildung sehr wohl der Fall ist und war, und auch bei der konventionellen Ausbildung kamen immer nur eine Handvoll HF weiter, die anderen kämpften mit genau den gleichen Problemen.
Ich habe seit über 30 Jahren Boxer, mit denen ich bis zur SCHHIII arbeitete, meine jetzigen zwei Boxer bilde ich nach LIND-art aus. Es sind zwei verschiedene Persönlichkeiten, der jüngere - 15 Monate alt - ist äußerst triebig, Warten ist für ihn äußerst schwierig, aber er hat es gelernt, sich zu beherrschen. Er absolvierte übrigens soeben mit genau 14 Monaten die BGH II mit 93 Punkten, und mein 5 Jahre alter Boxer (da er starke Spondylose hat, kann ich mit ihm keine SchH-Prüfungen machen, er hat aber die FHIII) die Obedience I mit 195 Punkten.
Grüße
Senta