von Wiebke(YCH) am 25. März 2002 08:32
Nur damit es hier keine Missverständnisse gibt: mit einem schmerzenden Reiz kann man einem Hund 'verleiden', irgendetwas zu machen, man kann ihm aber nicht beibringen, etwas 'anders' als bisher zu tun.
Zu einer Methode generell aus ethischen Gründen'Pfui' zu sagen - das Pfui-Level ist eben von Mensch zu Mensch verschieden (und die betreffenden Geräte bekommen ja auch immer so 'schöne Namen': ganz ohne 'Strafe' und 'Schmerz') ist eine Sache, führt allerdings oft nur zu gegenseitigen Schmäh-Reden, oder?
Wenn man sich allerdings die Mühe macht, sich zu überlegen, was wann wie wirkt, gibt es manchmal auch ganz sachliche Gründe, in einem bestimmten Fall auf 'Reizgeräte' aller Art zu verzichten, was meint ihr?
In mancher Trainings-Situation kann ein (schockartiges) Abbrechen einer bestimmten 'verkehrten' - unerwünschen - Handlung des Hundes es einem leichter machen, den Hund alternativ zum Erwünschten zu veranlassen.(z.B. 'komm' bei einem freudig jagenden Hund, wenn man damit das Jagen unterbricht.)
Wenn man Glück hat, nimmt der Hund dann an, das hier zwar nicht 'das Imperium' aber vielleicht doch der Hase zurückschlägt.
Und begreift (noch?) nicht, dass dieser das nur bei Hunden tut, die eben dieses komische Halsband tragen...
Für die Freunde der Schock-Therapie im Training - so sie objektiv darüber nachdenken können und wollen - allerdings bedauerlich: sehr oft hat der Hund keine Ahnung, was an seinem Verhalten nun das Schmerzauslösende war. Die Verknüpfungen mit dem TT-Reiz , die er in seinem Denken dann schafft, sind so zwangsläufig 'zufällig' - irgend ein ungewöhnliches Umwelt-Ereignis wird z.B. danach gefürchtet, eine bestimmte Kleidung, der gerade darüberfliegende Düsenjet, was auch immer.
Einem Hundehirn also mittels Schock 'begreiflich' machen zu wollen, dass er etwas anders machen soll, kann ungeahnt kompliziert sein - und leider sitzt Schocklernen mit einem oder einigen wenigen Erlebnissen dann fest - was ist, wenn dann dabei etwas Unerwünschtes gelernt wurde vom Hund?
Beim Agility-Hund wäre das Kontaktzonen-Hindernis der Ort, mit dem der darauf erlebte Strafreiz am ehesten verbunden wird - das wird ihn darauf wohl nicht gerade freudiger und schneller und sicherer machen, oder? Wenn er mit dem Hindernis schon viele positive Erfahrungen gemacht hat, führt er den Schmerz vielleicht auch auf ganz etwas anderes zurück, etwas, was zufällig gleichzeitig passiert, etwas, was er gerade im Kopf hat.... So leicht geht das also nicht - gut, wenn man sich darüber schon vor dem Einsatz eines 'Reizgerätes' Gedanken macht!
Es ist ja irgendwie verständlich, dass man hier und da nach einer 'rasche'n Lösung seiner Probleme sucht.
Jeder Rennfahrer, jeder Spitzensportler weis zwar, dass das Tempo erst dann gesteigert wird, wenn die Technik stimmt, weil sich sonst kaum mehr auszurottende Technikfehler einschleichen.... Da es aber wohl so schön ist, unserem glücklich über die Hindernisse fliegenden Hund zuzusehen, vergißt man wohl gelegentlich beim Agility-Training diesen Grundsatz!
Nun wird nach der schnellen Abhilfelösung gesucht,zumal man ja rasch merkt, dass eine Änderung eines bereits bestehenden Verhaltens immer viel schwieriger und langwieriger ist, als das - nur anfänglich so langsam erscheinende - gezielte 'fehlerlose' Aufbauen einer Übung.
Gutes Training beginnt, wenn man einsieht, dass man - so kurz der Weg erscheinen mag - 'nicht durch die Wand kann', sondern erstmal den langen Weg drumherum braucht: die so erwünschte Geschwindigkeit erstmal hintenan stellen muss, um sich - vielleicht erstmals? - eine solide Basis von 'richtigem' Verhalten am betreffenden Hindernis zu schaffen (das dann im Stress des Wettkampfs natürlich oft erst wieder 'hops' geht, weil unter Stress (auch freudigem) die alten Angewohnheiten wieder hochkommen.)
So haben dann viele Leute gleich mal den 3.BC mit dem gleichen Fehler... den 4. DSH, der nach einenm Jahr im Tierheim landet, mit dem Argument z.B., dass die Züchter heute ja gar nichts mehr können und diese dummen Viecher deshalb das einfach nicht raffen, aushalten, was auch immer...
Es ist nicht so leicht, erfolgreich zu trainieren: umsonst halten sich die Weltstars des Agility ja nicht so bedeckt, wenn es um ihre Methoden beim Training geht: nicht das sie hier etwas tierschutzwiedriges zu verbergen hätten - ganz im Gegenteil, aber eben so einfache Dinge, wie eine jahrelang(!) tiefer gestellte A-Wand.... in bestimmter (oh so geheimer Art) bestätigte Zonen usw.
Die Hindernisse sind schon raffiniert ausgeklügelt, so dass einem hirnloser (pardon) high speed allein hier nichts bringt, sondern nur wirklich durchdachtes Training und gutes Teamwork mit seinem vierbeinigen Partner - schließlich sind auch die Zonenfarben so gewählt, dass sie das Training nicht gerade leichter machen - hier haben sich gute Hundesportler schon was gedacht dabei: irgendwie muss man die Plazierungen ja hinbekommen und die Wettkämpfe spannend machen...
Viel Freude noch an diesem schönen Sport - auch dem Vierbeiner im Team hoffentlich -
Wiebke
(ratet mal welche)