von Matthias(YCH) am 04. Oktober 2002 08:29
Hallo Antje,
: Natürlich gibt es Hunde, die "in natura" auf jemanden reagieren, der z.B. mit einem Stock herumfuchtelnd auf sie zugeht.
Ich gehe im dunkeln nur noch angeleint mit meinem Hund nach draußen, weil mein Rüde (Cockerspanielgröße) mal ein Ehepaar, das just in dem Moment, als ich die Tür öffnete an unserer Auffahrt vorbei ging, angebellt hat und darauf der sorgsame Ehemann auf ihn wütend tretend und schreiend zu ging. Darauf powerte sich mein Hund extrem hoch. Ich war froh, dass mein Hund nur aggressiv gebellt hat, aber nicht zubiss. Ein anderes Kaliber von Hund hätte zugebissen, aber den hätte ein verantwortlicher Hundeführer sicher auch nur angeleint ausgeführt.
: Aber darauf bezieht sich ja Deine Frage nicht, sondern darauf, ob eine genetisch vorgegebene Beißhemmung durch die VPG-Ausbildung herabgesetzt wird. Und das wird sie nicht. Der für den VPG-Sport optimal geeignete Hund hat eine mittlere Reizschwelle bei guter Qualität in den Wechseln zwischen den einzelnen Triebbereichen (= Sanguiniker), d.h. er ist in der Lage, schnell rauf-, aber auch genau so schnell wieder herunter zu schalten.
Ja, ich denke jetzt auch, wenn das stimmt, was ihr erzählt und man den VPG Sport richtig ausübt, ist es völlig ungefährlich.
: Dadurch ist er in der Lage zu relativieren. Ich kenne viele gute VPG-Hunde, denen ein Erwachsener nicht die Butter vom Brot nimmt, die aber bei Kindern und Welpen extrem vorsichtig und duldsam sind, z.B. den Ball aus der Kinderhand vorsichtig herausnehmen wo einem Erwachsenen anschließend die Finger fehlen würden, die vor einem Kind vorsichtig abstoppen wo sie einen Erwachsenen in Grund und Boden rennen würden aus Beutetrieb usw.
Also da muß ich Dir leider aus eigener Erfahrung widersprechen. Mein Hund ist normalerweise ein Lamm. Wie oben geschildert hätte er auch in Extremsituationen nie zugebissen. Er liebt Kinder und ist jedem anderen Menschen freundlich gesinnt. Das Problem ist, dass ich, auch aus seiner geringen Größe, ihm das Anspringen, das er selten tut, nicht abgewöhnt habe. Ich mag es, wenn ein Hund mich aus Freude auf diese Weise begrüßt.
Mein Hund ist sehr fixiert auf Bälle und in solchen Situationen könnte man ihn "triebig" nennen, wenn er auch sonst ziemlich ruhig ist. Er hat BH-A, läuft seit Jahren Agility und gehorch sehr gut. Selbst wenn er hinter einem Kaninchen her ist, kann ich ihn aus der Entfernung ins Platz rufen.
Ich lasse meinen Hund auf der nahegelegenen Wiese oft mit Kindern spielen, um den Kindern die Scheu, die von ihren ängstlichen Eltern stammt, ein wenig zu nehmen. Die Kinder verstecken den Ball, er liegt im Platz und sucht ihn danach auf das AB-Kommando der Kinder. Oft lasse ich die Kinder auch den Ball werfen. Das mache ich seit Jahren. Letzte Woche spielt ich wieder. Ich täuschte einen Wurf nach vorne an und warf den Ball dann nach Hinten. Irgendwann fragte mich dann auch ein Kind, das schon häufiger mit meinem Hund gespielt hatte, ob es den Ball nicht auch einmal werfen dürfe. Ich erlaubte es ihr. Sie ahmte meine Täuschung nach und warf den Ball ebenfalls nach Hinten. Mein Hund hatte es gar nicht bemerkt, dass sie den Ball geworfen hatte, rannte zu ihr zurück und bellte sie an, dass sie doch den Ball werfen solle. Sie reagierte abrupt sehr ängstlich. Die Arme nahm sie schützend eng an ihren Körper und rannte rückärts nach hinten. Ich konnte gar nicht so schnell reagieren. Mein Hund hinter ihr her, dachte es wäre Spiel, sprang an ihr hoch, bellte, dass sie doch endlich den Ball werfen solle. Das Kind noch ängstlicher. Dann sprang er sie von Vorne an und das kleine Kind fiel wie ein Stein nach Hinten um. Ich half dem Kind wieder hoch, das Mädchen ziemlich robust, weinte nicht einmal und sagte nur, dass mein Hund sie gebissen hätte. Man konnte deutlich erkennen, dass sie einen kleinen, blauen Fleck am Arm hatte. Mein Hund muß sie irgendwie beim Bellen gebissen haben. Das hat mich doch ziemlich entsetzt, ich hätte nie geglaubt, dass mein Hund so reagieren könnte. War natürlich völlig naiv von mir. Daher denke ich, dass es falsch ist zu sagen, dass die Hunde, wenn sie hoch im Trieb sind, Erwachsenen und Kindern unterscheiden können. Das Kind hat mich gestern übrigens als ich Gassi ging wieder gefragt, ob ich nicht mit ihr und dem Hund Ball spielen wolle. Glück, dass es so ein robustes Kind war...
Also ich kann nur warnen, dass man seinen Hund, was den vorsichtigen Umgang mit Kindern angeht, nicht überschätzen sollte!
: DAS macht für mich auch u.a. die Qualität eines Hundes aus, nicht nur die Punkte, die er in Prüfungen erringt. Er muß "klar im Kopf" sein.
Diese Einstellung finde ich sehr gut.
: Das geht sogar so weit, daß beutestarke Hunde, wenn ein dreijähriger Knirps mit dem Hetzarm auf den Platz marschiert, bei ihm gar nicht anbeißen oder wenn, dann nur sehr sehr zaghaft und vorsichtig.
Wie gesagt, das glaube ich nicht so recht. Wenn das wirklich so sein sollte, wär mein nächster Hund ein DSH.
Viele Grüße
Matthias