von charly(YCH) am 18. April 2001 07:52
Hi,
: Sollten wir nicht in Zeiten von Gewalt und der ganzen (mediengeschürten) Angst auf Sportarten ausweichen,die das fordern,was alle unsere Hunde für uns sein sollen:Familienhund,Spielgefährte,liebenswerter Kamerad und Sportpartner?
Dein Grundgedanke ist nicht schlecht, den Du hast. Aber:
1. ist es sinnvoll, aufgrund mediengeschürter Hetze zu reagieren? Dann wäre es doch in Ordnung, große Hunde, mit hoher Kraft, die potentiell einen Menschen töten könnten, auszurotten. Damit wären Rasselisten o.k. Oder wie willst Du verhindern, dass Mama und Papa, ihre Kiddys mit Hunderiesen auf die Straße schicken und dann passiert ein Unglück?
2. in einem anderen posting wurde schon erwähnt, dass es nicht richtig wäre, das Aggressionsverhalten, die Summe vieler Triebe, wegzuzüchten. Es ist tatsächlich richtig, dass du damit einen asozialen Hund züchten würdest, da dieser nicht mehr auf ein ausgeglichenes Triebpotential zurück greifen kann. Der Ansatz, Gebrauchshundezucht ist sinnvoll, um für bestimmte Aufgaben bei Polizei, Rettungsdiensten usw. geeignete Hunde zu züchten, ist grundsätzlich richtig. Allerdings wird dieser Ansatz dadurch negiert, weil viele Züchter bestimmter Rassen, sich davon beeindrucken lassen, was in den Medien propagiert wird. Da wird tatsächlich lieber der schöne VA-Hund gezüchtet, der viele Preise aufgrund seinens Exterieurs einheimst, aber auf ein ausgeglichenes gesundes Trieberhältnis wird nicht geachtet. Und die große Masse honoriert das noch, in dem sie diese wunderschönen Exemplare für viel Geld kaufen, um sie dann als Couchhund zu präsentieren. Und was ist das Ende vom Lied: irgendein ein unfähiger Trottel rennt mit einem Hund durch die Gegend, der nicht nur nicht erzogen ist, sondern der nicht mehr in der Lage ist, sich sozial zu verhalten. Und das ohne SchH-Sport!
3. Geht man soweit, bestimmte Betätigungen mit Hund zu verbieten, dann kann man noch einen Schritt weitergehen. In letzter Zeit schiessen die unterschiedlichsten Sportarten mit Hund wie die Pilze aus dem Boden. Es sollte aber bitte niemand glauben, dass die Hunde darum bitten, Obedience, Dog Dancing usw. machen zu dürfen. In allen Sportarten, inkl. SchH-Sport, ist auf sinnvolle und tiergerechte Ausnutzung vorhandener Anlagen zu achten. Aber: in allen Sportarten hast Du Idioten oder einfach Leute mit mangelndem Verständnis (was sie auch durch die beste Ausbildung nie erlernen werden), die aus falsch verstandenem Ehrgeiz dem Tier Dinge antun, die es einfach nicht verdient.
4. Ein Hund ist ein Hund ist ein Hund. Es wird so oft von humanen Ausbildungsmethoden gesprochen, meist falsch verstanden, es ufert in völlig sinnlose antiautoritäre Erziehung aus, die dann immer wieder mal in einem cholerischen Anfall mit hartem Durchgreifen unterbrochen wird. Auf unserem Hundeplatz sind einige Hundehalter, die mit ihren Hunden nicht den Ehrgeiz haben, an Wettkämpfen teilzunehmen. Sie sehen aber selbst ein, dass sie aus mangelnder Konsequenz in der Erziehung ihrer Hunde, nicht überall einen folgsamen und umweltverträglichen Hund haben. Daran arbeiten sie, teils mit Erfolg, teils aber auch völlig sinnlos, aber dennoch kann ich diesen Leuten den Hund nicht wegnehmen, es ist mir lieber, die kommen regelmäßig zu uns, damit wenigstens ein bisschen Hund und Halter geholfen werden kann, damit nicht eines Tages genau dieser Hund in den Schlagzeilen der BLÖDpresse auftaucht. Auch wenn ich weiß, dass es im SchH-Sport, Torfnasen gibt, so sehe ich allerdings tagtäglich Leute bei uns, die ohne SchH-Sport zu machen, aus Unkenntnis weit grausamer mit ihren Tieren umgehen. In letzter Konsequenz würde das bedeuten, nicht nur den SchH-Sport zu verbieten, sondern jedem, dessen Hund ängstlich ist, und aus dieser Angst heraus auch unkontrolliert aggressiv reagiert, ihre Hunde wegzunehmen. In GB wurde der SchH-Sport verboten. Glaubt irgendwer ernsthaft, deswegen gibt es dort weniger neurotische Hunde, gibt es dort keine Idioten, die sich mit eindrucksvollen Hunden schmücken, um ihr eigenes Selbstwertgefühl aufzuwerten?
5. Ohne genaue Zahlen zu kennen, bin ich sicher, dass die Anzahl der SchH-Sportler, die nach alter Väter Sitte mit Stachel und Keule ausbilden, geringer geworden ist. Erst vorige Woche habe ich an einem Seminar teilgenommen, was dies eindrucksvoll gezeigt hat. Der Seminarleiter verteufelt nicht bestimmte alte Hilfsmittel, er hat aber gezeigt, wie man diese nach Erkenntnissen aus der Verhaltenskunde sinnvoll und ohne unnötigen Druck anwenden kann. Gerade solche Hundeführer, die tatsächlich an Wettkämpfen und Ausscheidungsprüfungen teilnehmen haben dies erkannt. Der Fehler, welcher heute allerdings noch immer von vielen begangen wird, sie lassen sich keine Zeit und sie können ihren Hund nicht mehr "lesen". Das gilt aber auch für andere Sportarten, nicht nur für den SchH-Sport. Wieso muss ein großer schwerer Hund unbedingt auf einen THS-Parcour gezwungen werden, warum muss der wenig lauffreudige Hund unbedingt mit Frauchen am 2000 m Lauf teilnehmen, warum muss im Obedience ein Hund einen Metallgegenstand apportieren?
Fazit: nicht der SchH-Sport ist falsch, falsch sind die Menschen, die dies und jenes machen, nicht weil sie Tiere wirklich verstehen oder verstehen wollen, sondern weil sie glauben eine Freizeitbeschäftigung haben zu müssen, weil sie glauben auf Biegen und Brechen Erfolg haben zu müssen. Und dies wird man nicht durch das Verbot von irgendwas ändern können.
Warum etwas altes verbieten, wenn man in der Lage ist, das alte zu modernisieren? Ich reiße mein Haus ja auch nicht nach 10 Jahren ab, weil ich eine neue moderne Heizung brauche.
Grüße
charly