Hundesport und Alltagsleben
von Attila(YCH) am 22. April 2001 14:26
Hallo Leute,
immer wieder fällt mir auf, daß sogenannte Sporthunde, die jedes Wochenende auf dem Platz trainiert werden, im Alltag keinerlei Führigkeit und Gehorsam zeigen. Der Grund ist sicherlich darin zu suchen, daß diese Hunde ein Zwingerdasein führen, gelegentlich mit dem Auto ausgefahren und irgendwo im Grünen unangeleint losgelassen werden und ansonsten die Welt, wie sie wirklich ist, kaum kennenlernen dürfen. Da frage ich mich natürlich, ob sich nicht der Hundesport in einer Weise verselbständigt hat, daß er auch an den erwünschten Gebrauchseigenschaften beispielsweise von DSH regelrecht vorbeimanövriert. Denn die erste Eigenschaft eines Gebrauchshundes sind doch jedenfalls Gehorsam und Ausgeglichenheit unter verschiedenartigsten Bedingungen, nicht aber maschinenartiges "sportliches" Funktionieren hie, kaum kontrollierbares Vorwärtsstürmen und Zähnefletschen dort. Nicht von ungefähr ist die "Begleithundeprüfung" das Eingangstor zum Hundesport. Was aber nützt mir ein Hund, der ein- bis zweimal die Woche unter immerhin künstlichen Bedingungen die Rolle des Begleiters nur spielt, während er in der übrigen Zeit nicht einmal in meiner Hand steht, geschweige denn sich in die Aufgabe des guterzogenen Haushundes fügt? Schneller, höher, weiter, das mag auch im Hundesport die Maxime sein, und sie hat ihre Berechtigung, solange nicht der Ursprung der vielfältigen Beschäftigungsmöglichkeiten, die unseren Hunden auf den Plätzen geboten werden, zugunsten der "Triebigkeit" aus den Augen gelassen werden.
Mein fünfjähriger Schäferhundrüde ist im Freien ein sehr angenehmer Weggefährte, der auf den leisesten Wink und im Flüsterton gesprochene Kommandos unverzüglich reagiert; dabei ist er lebhaft und spielfreudig wie ein Junghund. An einer Ausbildung auf dem Platz zeigte er keinerlei Interesse. Während er draußen alle Übungen freudig ausführt, tapert er im Training meiner SV-Ortsgruppe hinter mir her wie ein Hundegreis, so daß ich ihn nur noch aus Gewohnheit mit auf den Platz nehme; ein Sporthund wird er also nicht mehr, trotzdem aber ist er mein guter Freund, mit dem ich durch Dick und Dünn gehen kann. Eine knapp dreijährige Hündin hingegen, die ich gerade übernahm und deren Vorbesitzerin mir voller Stolz berichtete, welch vorzüglichen Arbeitshund ich erworben hätte, kann auf einem normalen Spaziergang nicht einmal an der Leine laufen; sie legt sich laut keuchend ins Geschirr, bleibt abrupt stehen, zieht diagonal nach rechts, reagiert nicht auf die einfachsten Hörzeichen. Sie hat aber die BH absolviert und ist auf SchH 1 vorbereitet! Nun soll mir mal einer sagen, wie das zusammengeht.
Mit Grüßen, Attila